Verfolgungswelle in China: Freilassung von Anwälten gefordert

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Originally published by Tiroler Tageszeitung Online on July 8, 2016

Peking (APA/dpa) – Zum Jahrestag des Beginns der Verfolgungswelle gegen Bürgerrechtsanwälte in China haben Menschenrechtsorganisationen die Freilassung der Inhaftierten gefordert. Noch immer seien rund 20 Anwälte, Mitarbeiter und Aktivisten in Haft. Ihnen würden grundlegende Rechte verwehrt, kritisierten Menschenrechtler und Diplomaten am Freitag.

Sie könnten nicht frei Anwälte ihres Vertrauens wählen. Fristen in den Verfahren würden geschoben. Familien werde der Zugang zu ihnen verweigert. Es fehlten glaubwürdige Beweise, hoben Menschenrechtler hervor.

„Massenfestnahmen, erzwungene Geständnisse und geheime Inhaftierungen sind Pekings Antwort auf Bürgerrechtsanwälte, die daran arbeiteten, die Rechte anderer in China zu schützen“, sagte Sophie Richardson von Human Rights Watch zum Jahrestag am 9. Juli. Damals begann der Schlag gegen mehr als 300 Anwälte, Kanzleimitarbeiter, Aktivisten und Angehörige, der seither international auf Entrüstung stößt.

Der deutsche Botschafter Michael Clauß äußerte seine „große Sorge“. Auf der Webseite der Botschaft verwies er auf die Kritik der EU, die „Verfahrensunregelmäßigkeiten und die Verweigerung von Grundrechten der Inhaftierten, ihrer Verwandten und Verteidiger“ aufgelistet habe. Er bemängelte, dass häufige Versuche, „über diplomatische Kanäle Klarheit zu gewinnen – unter anderem durch Gespräche, Anrufe und Faxe – im Laufe der letzten Monate nicht beantwortet wurden“.

Die EU hatte Respekt für Rechtsstaatlichkeit gefordert, „die zur Freilassung der betroffenen Personen führen sollte“. Auch der UNO-Menschenrechtskommissar hatte das Vorgehen der Sicherheitsbehörden in China scharf kritisiert. Ähnlich hatten Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck die Unterdrückung der Anwälte bei ihren Besuchen in China angesprochen.

Zum Schutz hatten Diplomaten der EU, aus Deutschland, Großbritannien, Finnland, der Schweiz, Kanada und den USA am Montag sechs Frauen von Inhaftierten bei einem Protestzug zur Generalstaatsanwaltschaft in Peking begleitet, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Dort trugen sie Klagen gegen die Verzögerungen und unzureichenden Informationen durch die Anklagebehörde in der Hafenstadt Tianjin nahe Peking vor, wo die meisten Fälle anhängig sind.

Bei dem eineinhalbstündigen Gespräch sei wenig herausgekommen, hieß es aus informierten Kreisen. „Ihnen wurde gesagt, dass sie sich in Geduld üben sollten.“ Die Frauen trugen die Namen ihrer Männer auf den Kleidern – und Sprüche wie „Wir warten auf Dich“ oder „Du fehlst uns“, wie berichtet wurde. Den Inhaftierten wird meist „Untergrabung der Staatsgewalt“ oder „Anstiftung“ dazu oder „Unruhestiftung“ und „Versammlung zur Störung der öffentlichen Ordnung“ vorgeworfen.

„Menschenrechtsanwälte trifft der volle Zorn der geheimen chinesischen Unterdrückungsmaschinerie“, sagte Roseann Rife von Amnesty. „Die inhaftierten Anwälte müssen freigelassen werden und dieser systematische Angriff gegen Individuen, die Rechte chinesischer Bürger verteidigen, muss enden.“

Nach einem Jahr in Haft kam am Donnerstag Zhao Wei, die Mitarbeiterin des inhaftierten Anwalts Li Heping, auf freien Fuß. Doch laufen die Ermittlungen gegen sie weiter, berichtete Chinese Human Rights Defenders (CHRD). Die Behörden hätten mitgeteilt, Zhao Wei habe ihre Verbrechen „gestanden“ und damit die Bedingungen für eine Freilassung auf Kaution erfüllt. Ihr wird „Untergrabung der Staatsgewalt“ vorgeworfen. Ein gutes Dutzend anderer ist nach Angaben von CHRD ähnlich unter Überwachung auf freiem Fuß und wartet auf den Verlauf der Verfahren.

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